Wirtschaftlichkeit des Weinbaus in der Vergangenheit

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Bei der Wirtschaftlichkeit handelt es sich um das Verhältnis von Erträgen und Arbeitsaufwand. Im Folgenden sind diese beiden Komponenten bezüglich ihrer Entwicklung in der Vergangenheit dargestellt.

Erträge und Preise

Bevor man ab ca. 1800 einen gezielten Pflanzenschutz mit Schwefel und Kupfer-Kalk-Brühe betreiben konnte, waren die Erträge erheblich stärker witterungsabhängig als heute. Es gab reiche Ernten (899, 977, 1138, 1236, 1384 usw.) und Missernten (1254, 1576, 1685, 1763, 1816, 1956) in allen Jahrhunderten. Entsprechend wechselten die Weinpreise:

  • 1281: "Der Schoppen (0,5 l) kostete mehr als vorher das Ohm (150 l)."
  • 1386: "Ein Fuderfaß kostete mehr als der Weininhalt."
  • 1432: "Viel Wein, der alte wurde ausgeschüttet oder verwendet zum Mörtel anmachen."

Ertragsentwicklung ab 1900

Im Mittelalter rechnete man in der Pfalz mit reichen Ernten, wenn 1 - 2 Fuder/Morgen (6000-8000 l/ha) geerntet wurden. Erste exakte Ertragsangaben wurden für die Pfalz ab 1750 bekannt. Lt. Bronner (Heidelberg 1833) mittlere Erträge: Edenkoben 2,5 - 3, Mußbach 2, Ruppertsberg 1 Fuder/Morgen.

 Jahr    Ertragsrebfläche    Ertrag 5jähriger Mittelwert  
 Zeitraum    hl/ha 
1900 14.705 1900-04 35,7
1920 14.964 1920-24 36,2
1930 15.117 1930-34 47,1
1940 15.078 1940-44 26,4
1950 11.341 1950-54 67,6
1960 16.039 1960-64 102,2
1970 19.094 1970-74 116,6
1980 20.353 1980-84 123,7
1995 22.732 1991-95 114,6

Weinpreise in alten Währungen sind nur aussagekräftig, wenn Vergleiche genannt werden, z. B.:

  • Römerzeit: 1 Amphore Wein oder ein Faß Wein = 1 Sklave
  • Karolingerzeit: 1 Sitel Wein (30 l) = 1 Malter Korn (120-150 l/kg).
  • Um 1500: Entlohnung Herrenhof/Mußbach neben Kost und Logis: Kellermeister 3/4 Fuder, Koch 2/3 Fuder im Jahr
  • Um 1600: Entlohnung Stutmeister Spangenburg: 2,5 Fuder im Jahr.
  • 1631, Neustadt: 1 Maß Wein (2 l) = 1 Ei = 1 Kreuzer.
  • 1700 - 1900: 1 Männertagelohn= 2 - 3 l Wein.

Arbeitsaufwand

Die Arbeitszeit, die die Winzer früher und heute in ihren Weinbergen zur Pflege aufwenden mussten, hat sich durch zwei Ereignisse entscheidend verändert:
1. durch die Einführung des Weinbergdrahtes etwa um die Mitte des vorigen Jahrhunderts (1850),
2. durch die Mechanisierung der Weinbergsarbeiten, die zwar bereits um 1900 begann, ihre stärkste Ausweitung jedoch erst ab 1950 erfuhr mit der Entwicklung von Schmalspurschleppern (Direktzug).
Um 1800 und für die Jahrhunderte davor wird der Arbeitszeitaufwand für die Bewirtschaftung von Ertragsanlagen auf über 3000 Std./ha geschätzt, darauf lassen Einzelergebnisse schließen, z. B.: 1888

  • Absuchen des Heuwurms mit Zange, Nadel 550 Std./ha,
  • Vergiften des Wurms mit Neßlers Flüssigkeit mittels Ölkännchen 520 Std./ha,
  • Auslesen sauerfauler Trauben 240 Std./ha.

Arbeitszeitwerte

Entwicklung des Arbeitszeitbedarfs (Ergebnisse aus Arbeitstagebüchern bzw. von Arbeitszeitstudien:

1830 1878 1935 1960 1985 2000 Schätzung
Rebschnitt 250 160 130 118 75 65 Luftdruckschere
Biegen 200 192 68 63 44 35 Bindegerät
Rebholzarbeiten - - 40 36 7 5
Düngung:
mineralisch
organisch

-
260

160
160

36
92

20
36

3
10

4
8
Bodenbearbeitung:
von Hand
mit Zugkraft

800
-

896
-

508
80

83
89

-
22

-
20
Chemische Unkrautbekämpfung - - - - 3 3
Ausbrechen 96 40 32 21 15 Ausbrechgerät
Heften 360 54 80 61 24 20 Heftmaschine
Gipfeln 96 40 64 9 5
Schädlingsbekämpfung 176 184 71 20 15
Lese 550 352 344 399 270 30 Traubenvollernter
Nachpflanz., Unterstütz. instandhalten 50 48 50 13 10 10
Sonstige Arbeiten - 120 110 144 40 25
Akh/ha 2470 2350 1802 1229 558 250
Rückgang in % 105 100 77 52 24 11

Quellen

  • Adams, Jakob, Schumann (1997): Weinkompendium. Verein der Absolventen der Staatlichen Lehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau. Neustadt an der Weinstraße. 121, 123. 
  • Bassermann-Jordan, Friedrich (1991): Geschichte des Weinbaus. Nachdruck Pfälzische Verlagsanstalt Neustadt/Weinstraße. Neustadt an der Weinstraße. ISBN 3-87629-181-x
  • Schreiber, Georg (1980): Deutsche Weingeschichte. Rheinland Verlag Köln. Köln. ISBN 3-7927-0331-9
  • Weeber, Karl-Wilhelm (1993): Die Weinkultur der Römer. Artemis und Winkler München. München. ISBN 3-7608-1093-4
  • Woschek, Heinz Gert (1971): Der Wein. Callwey Verlag. München. ISBN 3-7667-0207-6