Verwendung von Kaliumhexacyanoferrat

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Gesetzliche Vorgaben für die Verwendung

Die Verwendung von Kaliumhexacyanoferrat (II) - K4 - Fe (CN)6 ist laut VERORDNUNG (EG) Nr. 606/2009 DER KOMMISSION vom 10. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates ANHANG I A, Absatz 26 zugelassen zur Behandlung

  • von Weisweinen und Roséweinen (mit Kaliumhexacyanoferrat),
  • von Rotweinen (mit Kaliumhexacyanoferrat oder mit Kalziumphytat).

Bei Kalziumphytat Verwendung bis zu einem Grenzwert von 8 g/hl.

Synonyme und Begriffsklärung

Strukturformel von Kaliumhexacyanoferrat(II) zur Blauschönung

Schon Mitte der ‘90er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden von Dr. Wilhelm Möslinger in Neustadt/Weinstraße, Versuche zur Behandlung der durch Eisenionen verursachten Trübungen mit Kaliumhexacyanoferrat (II) angestellt. Seit 1923 ist das von Möslinger entwickelte Verfahren der Blauschönung zur Reduzierung der Schwermetalle im Wein erlaubt. Der Begriff Blauschönung leitet sich aus der überwiegenden Blaufärbung der sich ausscheidenden Verbindungen mit Eisen her. Durch die Reduzierung der Schwermetalle werden spätere Schwermetalltrübungen im Wein verhindert.

Andere Bezeichnungen: Kaliumferrocyanid, Ferrocyankalium, gelbes Blutlaugensalz, Möslinger, Klärsalz

Weinrechtliche Bestimmungen

  • die Blauschönung ist zur Behandlung von Weiß-, Rosé- und Rotwein zugelassen
  • Süßreserve darf nicht mit K4 - Fe (CN)6 behandelt werden
  • die Voruntersuchung und Nachkontrolle (innerhalb 10 Tagen nach der Schönung) müssen von sachkundigem Laborpersonal durchgeführt werden
  • als Beweis der vollständigen Abbindung des Kaliumhexacyanoferrates muß immer ein Metallrest im Wein verbleiben
  • eine Zugabe von Schwermetallen (sogenannte Rückschönung) ist verboten!

Schwermetalle im Most und Wein

Die durch die Rebwurzeln aufgenommenen Mengen an Schwermetallen spielen für die Trübungsbereitschaft keine Rolle. Lediglich Kontakte von Trauben, Maische Most oder Wein mit Schwermetallen (aus Gerätschaften, Behältern, Behandlungsstoffen u. a.) können zu so hohen Gehalten führen, dass Eisentrübungen auftreten können und zwar:

  • Eisen (III)-phosphat oder Ferriphosphat = weißer oder grauer Bruch
  • Eisen (III)-tannat oder Ferritannat = schwarzer Bruch

Das bei normalen Gehalten an freier SO2 in der zweiwertigen Form vorliegende Eisen (Fe-++) bildet mit Phosphaten lösliche Verbindungen von Eisen (II)-phosphat (oder Ferrophosphat) die keine Trübungen hervorrufen. Bei stärker abnehmendem Gehalt an freier SO2 (Sauerstoffkontakt Holzfasslagerung, Umlagerung oder Abstich bei älteren Weinen, auch nach der Abfüllung bei längerer Flaschenlagerung), wird die lösliche Ferroform in die weniger lösliche Ferriform oxidiert. Es bildet sich dadurch eine weiße bzw. weiß-graue schleierhaltige Trübung.

Bei hohen Gerbstoff- und Eisengehalten erfolgt in gleicher Weise die Umwandlung von Eisen (II)-tannat (oder Ferrotannat) in Eisen (III)-tannat (oder Ferritannat). Es bildet sich eine blau-schwarze Verbindung von gerbsaurem Eisen (Tinte = früher Eisengallustinte). Weine mit niedrigen Säuregehalten neigen stärker zu Eisentrübungen. Man kann von der Erkenntnis ausgehen, dass Eisengehalte unter 5 mg/l und Kupfergehalt unter 0,5 mg/l keine Trübungen hervorrufen. In den letzten Jahren ist durch verstärkte Verwendung von Kunststoffen und Edelstahl die Aufnahme von Eisen stark zurückgegangen.

Wirkungsweise

Durch Zusatz einer genau bestimmten Menge des Gelben Blutlaugensalzes kann das vorhandene Eisen bis auf einen geringen Rest als schwerlösliches Berlinerblau ausgefällt werden. Darüber hinaus werden auch Kupfer-, Zink-, Mangan-, Nickel-, Silber-, Blei- oder Cadmiumionen als schwerlösliche Ferrocyanidkomplexverbindungen gefällt oder durch Adsorption reduziert. Bei längerer Einwirkungszeit werden auch Aluminiumionen aus dem Wein entfernt.

Die Reaktion verläuft in 2 Stufen. Zunächst werden die Eisenionen in lösliches Berlinerblau übergeführt und durch "Alterung" wird diese tiefblaue kolloidale Flockung in unlösliches Berlinerblau umgewandelt.

Mit Kupferionen entsteht ein rotbrauner Niederschlag und mit Zink eine weiße flockige Fällung.

Durchführung der Blauschönung

Aus dem Umstand, dass das Eisen in zwei verschiedenen Wertigkeitsstufen vorliegen kann folgt, daß eine genaue Berechnung der zur Schönung notwendigen Menge Kaliumhexacyanoferrat (II) aufgrund einer chemischen Bestimmung des im Wein enthaltenen Eisens nicht möglich ist. Durch Schönungs-Vorversuche mit kleinen Mengen Wein wird der erforderliche Bedarf ermittelt. Auf diese Weise werden gleichzeitig dadurch die im Wein enthaltenen Metalle Kupfer, Zink und Mangan erfaßt, die dann bei der Blauschönung ebenfalls ausgefällt werden.

Zur genauen Bedarfsermittlung ist unbedingt eine Durchschnittsprobe erforderlich! Vorherige Durchmischung ist notwendig. Bei Probeentnahme durch Metallhähne ist eine genügend große Menge (2 bis 3 Liter) vorlaufen zu lassen. Zwischen Probeentnahme und Schönung hat jegliche Behandlung (Schwefelung, Beifüllung, sonstige Schönungen) zu unterbleiben. Die Probeflasche muß ausreichend beschriftet werden, wobei Weinbezeichnung, Gebinde-Nr., Menge und Betriebsanschrift die wichtigsten Angaben sind. Bei mehreren Proben sollten die Flaschen schon vorher beschriftet und den Behältern zugeordnet werden.

Nach Bestimmung der Schönungsmittelmenge im Labor wird zur Auflösung des genau gewogenen Salzes grundsätzlich Wasser verwendet. In der dreifachen Wassermenge von maximal 40° C ist eine Lösung in wenigen Minuten möglich. Nach Vermischung mit einer größeren Weinmenge ist die sofortige Zugabe und gründliche Durchmischung in dem zu schönenden Gebinde (Zugabe bei laufendem Rührwerk) zur Vermeidung lokaler Überkonzentration notwendig.

Bei Weinen mit normalen Säuregehalten und pH-Werten unter 3,6 ist die Ausscheidung von Blautrub nach einer Woche abgeschlossen und der Wein kann vom Trub getrennt werden. Eine zusätzliche Klärschönung mit Kieselsol-Gelatine, Tannin-Gelatine oder Hausenblase kann die Klärwirkung und Absitzgeschwindigkeit des Trubes erheblich verbessern. Der Trub darf nicht gebrannt werden, sondern muss nach seiner Verarbeitung als Sondermüll entsorgt werden.

Zweckmäßigerweise wird die Blauschönung bald nach dem 1. Abstich vorgenommen. Bei Weinen, die früh auf Flaschen gefüllt werden, wird die Blauschönung am besten 4-6 Wochen vor der Abfüllung durchgeführt, gleichgültig, ob der Wein bis dahin ein- oder zweimal abgestochen wurde. Bei sauber behandelten Rotweinen ist eine Blauschönung seltener notwendig als bei Weißweinen.

Positive Nebenwirkungen:

  • die Blauschönung hat eine harmonisierende reifende Wirkung, besonders bei jungen Weinen und (noch) unharmonischen Verschnitten
  • es werden auch geringe Mengen Eiweiß entfernt
  • wirkt sich auf Klärung und Filtrationsfähigkeit positiv aus
  • Frostton aus gefrorenem, unreifen Lesegut wird verringert
  • geschmacklich günstige Beeinflussung durch Entfernung von Metallen (hart-metallisch bei Eisen; Bitterton bei Kupfer)
  • durch Entfernung von Metallen stabileres Redoxpotential (Katalysatorenwirkung von Fe und Cu)

Negative Nebenwirkungen:

  • Alterungseffekt bei reifen Weinen
  • Gefahr der Überschönung (Bittermandelton)

Vorsicht Überschönung

Weine, in denen noch gelöste Hexacyanoferratverbindungen nachgewiesen werden können, dürfen nicht in den Verkehr gelangen und auch keiner weiteren Verwendung zugeführt werden. Man darf sie also weder brennen noch zu Essig verarbeiten. Da überschönte Weine mit Kaliumhexacyanoferrat (II) einen auffallenden Bittermandelgeruch, verursacht durch Blausäure (HCN), aufweisen und sich immer wieder blaugrün verfärben, besteht auch kaum Gefahr, dass sie getrunken werden.

Sonstige Möglichkeiten zur Reduzierung des Metallgehaltes im Wein

Maskierung der Schwermetalle durch Bildung von löslichen Komplexverbindungen

  • insbesondere in Ländern des Mittelmeerraumes und anderen wärmeren Gebieten wo Weine mit hohem pH-Wert erzeugt werden
  • der Zusatz von Zitronensäure in einer Menge von 50-80 g/hl führt zu stabilen Komplexen, die eine Metallausfällung verhindern (max. Zitronensäuregehalt in abfüllfertigen Weinen ist 1g/l)
  • gibt jedoch keinen dauerhaften Schutz vor Ausscheidungen

Verminderung des Gehaltes an Eisen (III)-Ionen durch Reduktion mittels Ascorbinsäure

  • Ascorbinsäure verhindert eine Oxidation der Eisen (II)-Ionen zu Eisen (III)-Ionen und damit die Bildung des weißen bzw. schwarzen Bruches
  • die Wirkung hält nur so lange an, bis die Ascorbinsäure durch Oxidation selber verschwunden ist
  • für Weine die bald getrunken werden, bietet diese Methode einen ausreichenden Schutz gegen Eisentrübungen
  • Kupfertrübungen werden jedoch von Ascorbinsäure gefördert, also sollte der Kupfergehalt unter 0,3 mg/l liegen.

Adsorption an unlösliche Stoffe

Hefe und Kasein können zwar durch ihre Eiweißstruktur Schwermetalle adsorptiv binden, erreichen jedoch meistens nicht das gewünschte und erforderliche Ausmaß zur Senkung der Schwermetallionen.

Zusatz von Stoffen die als Schutzkolloide wirken

  • eine solche Möglichkeit besteht nur bei der Kupfertrübung
  • Gummi-Arabicum wurde schon früher in Frankreich eingesetzt und ist inzwischen ohne Mengenbegrenzung für die ganze EG zugelassen
  • die stabilisierende Wirkung (> 1 mg/l Cu) ist bei höheren pH - Werten besser, jedoch zeitlich begrenzt
  • in Kombination mit Zitronensäure ist die Wirkung besser (z.B. im Komb.präparat Ferroplex)

Metallstabilisierung mit Kombinationspräparaten »Ferroplex«

Die im Getränk vorliegenden Schwermetallionen werden nicht entfernt, sondern so weit komplexiert, dass es nicht zu Metalltrübungen kommt. Die Bestandteile von »Ferroplex« sind Zitronensäure und Gummiarabikum. Zitronensäure ist eine natürliche organische Säure, die in fast allen Früchten vorkommt und mit Eisen einen stabilen Komplex bildet. Dieser Eisencitratkomplex ist in Wein sehr stabil und verhindert damit die oft gefürchteten Eisengerbstoff- und Eisenphosphattrübungen. Gummiarabikum, ein besonders in den südlichen Weinländern bekanntes Produkt, verhindert die Ausfällung von Kupfertrübungen. Die »Ferroplex«-Zugabe führt zu einer Erhöhung des Zitronensäuregehaltes um 0,5 g/l. Bei den meisten Weinen wird dadurch der zulässige Höchstgehalt von 1 g/l nicht erreicht. Bei Weinen aus faulem Lesegut oder Weinen, die bereits einen anderweitigen Zitronensäurezusatz erhielten, kann jedoch der Grenzwert erreicht oder überschritten werden. Aus Sicherheitsgründen ist in diesen Fällen eine Zitronensäurebestimmung in einem Fachlabor zu empfehlen.

Verminderung jener Stoffe, die an der Bildung von Schwermetalltrübungen mitbeteiligt sind

Hierbei geht es hauptsächlich um Gerbstoff und Eiweiß.

  • Gerbstoffe können durch eine Eiweißschönung (Gelatine, Kasein) erheblich vermindert werden
  • durch eine kräftige Mostlüftung entstehen durch enzymatische Oxidationsvorgänge aus einfachen Gerbstoffen hochmolekulare unlösliche, braune Verbindungen, die sich ausscheiden
  • da Eiweiß für die Ausscheidung der kolloiden Kupfertrübung notwendig ist, kann eine Bentonit, diese Bindungspartner dem Wein entziehen
  • diese Verfahrensweisen können jedoch allesamt nicht als Ersatz zur Blauschönung empfohlen werden, da sie nur eine begrenzte Metall-Stabilität bewirken.

Weblinks

Einzelnachweise


Literaturverzeichnis