Unkräuter

Aus Vitipendium
Wechseln zu: Navigation, Suche

Eine Begrünung in Form einer natürlichen Pflanzendecke oder als eingesäte Kurzzeitbegrünung bzw. Dauerbegrünung ist heute Standard und gute fachliche Praxis im Weinbau. Trotzdem stellen zahlreiche Wildkräuter im Weinberg ein Problem für den Winzer dar. Inwiefern es sich bei Wildpflanzen um nützliche Beikräuter oder schädliches Unkraut handelt, soll im folgenden erörtert werden.

Vorteile einer natürlichen Weinbergsbegrünung

Natürlich aufgewachsene oder eingesäte Begrünungen erfüllen vielfältige Funktionen zum Wohle des Winzers, der Rebe und des Ökosystems Weinberg. Zu erwähnen sind hierbei

  • Erosionsschutz und Schutz vor Bodenverschlämmung nach Starkregen, damit Schutz der Oberflächengewässer vor Nährstofffrachten wie Phosphaten
  • verbesserte Tragfähigkeit des Bodens bei Überfahrten, weniger Spurrillen und (Wieder-)Verdichtungen bei Nässe sowie ebenere Fahrgassen
  • Anreicherung des Bodens mit organischer Substanz und Förderung des Bodenlebens, insbesondere der Regenwürmer und bodenlebender Kleinorganismen
  • Porenbildung durch Wurzelaufschluss tieferer Schichten, welche sich positiv auf den Gasaustausch und das Versickerungsvermögen nach Starkregenfällen auswirkt
  • Nährstoffspeicherung in den Pflanzen und damit Vermeidung von Nährstoffaustrag, insbesondere Nitrat über die Wintermonate (Winterbegrünung) (siehe auch Nitrat-Auswaschung über Winter reduzieren)
  • Gezielter Nährstoffeintrag durch Stickstoffsammler (Leguminosen wie Kleearten oder Wicken)
  • positive Auswirkungen gegen physiologische Störungen wie Stiellähme oder Chlorose
  • Hohe Artenvielfalt durch vielfältiges Nahrungsangebot (Pollen, Nektar, Futterpflanzen) für Nützlinge und indifferente Arten

Diese Vielzahl positiver Auswirkungen hat die Winzerpraxis seit vielen Jahren erkannt und entsprechend umgesetzt.

Pflanzenwuchs ist ein ganz natürlicher Prozess

Der Boden begrünt sich nach einer Bearbeitung natürlich wieder, eine Rosette des kanadischen Berufkrauts steht mittig.

Ein vorübergehend offen gehaltener Boden begrünt sich spontan und ziemlich rasch wieder, da überall ein hohes natürliches Samenpotenzial in landwirtschaftlich genutzten Böden vorhanden ist. Entscheidend für die Zeitdauer der Keimung und Entwicklung sind die Faktoren Feuchte, Licht und Wärme. Bei kühlen Temperaturen oder starker Trockenheit dauert es entsprechend länger. Nicht nur Samen, auch Ausläufer und Wurzelrhizome von ausdauernden Pflanzen, die bei einer Bearbeitung nicht abgetötet sondern nur zerkleinert und verteilt werden, führen zur baldigen Wiederbegrünung. Wird die Begrünung nicht umgebrochen, sondern nur oberflächlich bearbeitet, spricht man von einer Störung, die noch vorhandenen Pflanzen wachsen weiter. Das Regenerationsvermögen ist höher, vergleichbar mit der Vertikutierung einer Rasenfläche.

Neben dem vorhandenen oberflächlichen Samenpotential trägt Samenflug über Wind und durch Tiere (z. B. im Kot der Vögel) zu einer Wiederansiedlung von diversen Kräutern und Gräsern bei. Dies zeigt sich etwa bei einer tieferen Bodenbearbeitung (Rigolen) vor einer geplanten Pflanzung oder noch mehr nach Erdauffüllungen durch Bodenaushub, der aus tieferen Zonen stammt und biologisch sehr steril ist. Auch hier stellt sich ohne vorhandenes Samen- und Wurzelpotenzial bald wieder eine mehr oder weniger geschlossene Gründecke ein. Bewuchsfreie Flächen kommen in der Natur nur auf Extremstandorten, etwa bei anstehendem Gestein oder fortwährender Beschattung, z. B. in dichten Nadelwäldern, vor. Ansonsten stellt sich früher oder später eine so genannte Ruderalflora ein. Pionierpflanzen, meist einjährige Samenpflanzen (Melden, Amarant, Hirtentäschel, Bingelkraut, Vogelmiere, Löwenzahn, kurzlebige Gräser wie Hühnerhirse) erobern als erstes offenes Gelände. Erfolgt keine regelmäßige (jährliche) Störung oder Bearbeitung, so folgen nach und nach ausdauernde Stauden und Gräser (Brennnessel, Rainfarn, Wilde Möhre, Beifuß, Goldrute, Steinklee, Ampferarten, Huflattich, Knaulgräser und Glatthaferbestände) die sich langsamer ausbreiten aber konkurrenzstärker sind. Ohne regelmäßige Mahd oder Bearbeitung etablieren sich mehr und mehr verholzende Pflanzen, dieser natürliche Wandel der Pflanzengesellschaften wird auch als Sukzession bezeichnet. Endstufe ist meist Wald. Besonders in länger aufgelassenen Weinbergen oder an Wegrändern zeigt sich diese Entwicklung augenscheinlich.

Begrünte, artenreiche Rebgasse mit Wolff-Mischung

In bewirtschafteten Weinbergen können sich durch regelmäßig wiederkehrende Bodenpflegemaßnahmen (Bodenbearbeitung, chemische Unkrautbekämpfung) in aller Regel nur sich rasch entwickelnde Pflanzen, die hohe Samenmengen produzieren, dauerhaft etablieren. In den dauerbegrünten Mulchgassen treten außerdem mehrjährige schnitt- und fahrfeste Gräser und Kräuter auf, typisch ist der allbekannte Löwenzahn, Fingerkraut und Hahnenfußarten aber auch niedrige Kleearten wie z. B. der Weißklee. Neben standortspezifischen Pflanzen kann durch spezielle Einsaatmischungen, (kräuter- oder grasbetont; ein- oder mehrjährig), die Pflanzenvielfalt erhöht und gesteuert werden. Verbreitet ist beispielsweise die relativ teure Wolff-Mischung, die häufig überjährig stehen bleibt. Sie sollte erst bei üppiger Entwicklung zum ersten Mal eingekürzt werden, damit sich auch mulchempfindliche Pflanzen genügend entwickeln und zum Blühen kommen. Falls möglich, sollte gewalzt statt gemulcht werden, um eine längerfristige Etablierung durch Aussamung zu fördern.

Wann wird aus Begrünungspflanzen Unkraut?

Konkurrenz zur Rebe besteht in punkto Nährstoff-, Licht- und Wasseraufnahme. Hierzu müssen immer auch die Standortbedingungen, also Boden-, Klima- und Witterungsverhältnisse berücksichtigt werden. Für einen recht kargen, steinigen oder sandigen Boden mit geringer Bodenauflage ist die Konkurrenzsituation rascher erreicht, als auf schweren, tiefgründigen Böden. Jedoch haben es auch die konkurrierenden Pflanzen auf mageren Standorten in ihrer Entwicklung schwer, wogegen diese auf nahrhaften, gelockerten und genügend wasserspeichernden Böden sich schneller und üppiger entwickeln. Weiter spielt die jahreszeitliche Entwicklung der Rebe eine große Rolle. So treten Winterbegrünungen während des Wachstumsstillstands der Reben mit dieser in keinerlei Konkurrenz um Licht und Nährstoffe. Im Gegenteil, sie haben hohe Vorzüge, sorgen für eine Humusanreicherung, binden überschüssige Nährstoffe, die ansonsten womöglich verloren gingen und verbessern die Bodenstruktur durch ihr weitreichendes Wurzelgefüge. Dies gilt sowohl für Einsaaten als auch für Naturbegrünungen. Darum stellt eine Bodenbearbeitung im Spätherbst nach der Lese keine gute fachliche Praxis dar. Lediglich eine nicht wendende Tiefenlockerung zur Beseitigung von Verdichtungen kann bei trockenen Verhältnissen nach der Ernte befürwortet werden.

Junge Reben sind ausgesprochen konkurrenzschwach

Neben standort- und bodenspezifischen Parametern spielt das Alter und die Wuchskraft der Reben eine große Rolle, wann und ob eine Stresssituation für die Reben eintritt. So tritt im Jungfeld oder in schwachwüchsigen Beständen viel eher eine Konkurrenzsituation auf, als in einem etablierten tief wurzelnden und wüchsigen Rebbestand. Das gilt besonders während der Hauptwachstumszeit ab Ende Mai bis etwa Mitte August. In dieser Zeit sollten ein- und zweijährige Jungfelder stets „sauber“ gehalten werden. Das gilt besonders in den Stockstreifen unmittelbar an den Reben, der gelockert und unkrautfrei sein sollte. Eine gut entwickelte Winterbegrünung sollte in jüngeren Anlagen nicht zu lange stehen bleiben. Sie zieht bereits zum Austrieb der jungen Reben enorm Wasser. Sofern keine wiederkehrenden, ergiebigen Niederschläge in den Sommermonaten eintreten, neigen die Jungreben im zweiten oder dritten Jahr bald zu Trockenstresssymptomen, die oft einen völligen Wachstumsstillstand über Sommer zur Folge haben. Zu hohe Stockerträge in den ersten Jahren verschärfen die Situation. Selbst bei massivem Gegensteuern, sei es Bewässerung, intensive Bodenbearbeitung oder Ertragsentlastung, tritt im jeweiligen Jahr meist kein befriedigender Längenwuchs mehr auf, die Reben bleiben „verhockt“. Auch eine Beschattungswirkung durch zu hohen Bewuchs spielt bei Pflanzreben eine Rolle, die ungenügende Abtrocknung des Laubes führt außerdem leichter zu Peronosporainfektionen.

Negativer Einfluss durch hohe Beikrautflora

Neben der direkten Konkurrenz kann auch ein negativer Einfluss auf das Erntegut bestehen, etwa wenn hoch aufgeschossene Begrünungen die Abtrocknung der Blätter und Trauben verhindern und damit Pilzkrankheiten bzw. Fäulnis fördern. Gleiches gilt bei einer Ernteerschwernis bei der Lese, Samenstände etc. können bei der Vollernterlese ins Lesegut geraten. Hohe Erziehungssysteme wie z. B. Umkehrerziehung sind in dieser Hinsicht toleranter als etwa ein bodennaher Flachbogen. Auch Frühjahrsfröste können sich bei hoch aufgeschossenen Begrünungen verstärken, darum wird in gefährdeten Lagen ein Mulchen der Bestände Anfang Mai empfohlen.

Sonstige lästige Auswirkungen

Den in Weinbergen arbeitenden Personen sehr abträglich werden können gewisse Beikräuter durch Hautreizungen und Verletzungen an Beinen und Händen (Brennnesselarten, Disteln, junge Heckenrosenpflanzen und wilde Brombeerpflanzen). Anhaftende Samenträger sammeln sich an Kleidung und Schuhwerk (Grannen von Trespengräsern, Klettenlabkraut). Auch eine Pollenallergie, etwa gegen Gräserpollen, macht empfindlichen Personen während der Blütezeit sehr zu schaffen. Abhilfe können Schlepper mit speziellen Pollenfiltersystemen sein. Besonders allergen ist die eingeschleppte Ambrosia, die bisher jedoch nicht in Weinbergen anzutreffen ist, aber im Straßenbegleitgrün eine zunehmende Ausbreitung erfährt. Insgesamt sind diese speziellen Einflüsse aber nie gänzlich vermeidbar und müssen als „Berufsrisiko“ akzeptiert werden. Weiter kann die Fahreigenschaft zeitweise negativ beeinträchtigt werden; so steigt in steilen Direktzugflächen die Rutschgefahr an, wenn sich die Blütenstände des Löwenzahns massenhaft ausbilden. Auch Luftfilter und Kühlerschutzgitter können sich durch massive Samenbildung der „Pusteblumen“ zusetzen.

Spezielle Problemunkräuter im Weinbau

Nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl an natürlich vorkommenden Wildpflanzenarten verhalten sich besonders konkurrierend oder anderweitig schädlich zur Rebe, sodass die volkstümliche Bezeichnung „Unkraut“ zutreffender ist, als die heute oft euphemistisch (beschönigend) verwendete Bezeichnung des „Beikrauts“. Viele Unkräuter sind zudem ziemlich hartnäckig in der Bekämpfung, da sie sich hervorragend an die natürlichen Standortbedingungen angepasst haben. Oftmals tritt eine weitere Verbreitung oder Verschleppung durch falsche Bekämpfungsstrategien ein.

Einige Artengruppen und mögliche Bekämpfungs- oder Eindämmungsmaßnahmen werden hier näher erläutert.

Gruppe schnell wachsender und schossender einjähriger Samenunkräuter

Zu dieser Gruppe zählen beispielsweise Melden, Gänsefuß und Amarant. Sie bilden sich besonders in den Sommermonaten bei günstigen Bedingungen innerhalb weniger Wochen aus. Charakteristisch ist die enorme Massenbildung und Schoßhöhe innerhalb kurzer Zeit. Sie stellen vorrangig im Unterstockbereich ein Problem dar, weil sie rasch die Traubenzone einwachsen können. Eine mechanische oder chemische Bekämpfung im Unterstockbereich muss daher rechtzeitig erfolgen, bevor die Stängel holzig werden. Sind sie bereits in die Drähte eingewachsen, so ist eine Beseitigung sehr erschwert, sie müssen in schlimmsten Fall manuell aus dem Draht gezogen werden. Aber auch Stammbürsten eignen sich bei der Entfernung höher gewachsener Pflanzen. Bei längerer Trockenheit können die Pflanzen lange unscheinbar im Rosettenstadium überdauern. Nach Niederschlägen und bei Wärme schießen sie innerhalb weniger Tage enorm in die Höhe. Besonders in Jungfeldern stellen sie eine enorme Wasserkonkurrenz dar. In den Gassen lassen sie sich leicht beseitigen, da sie keine Ausläufer oder Rhizome ausbilden. Als Spontanflora sind sie als Humuslieferant und Durchwurzler durchaus nützlich.

Unter günstigen Umständen erreichen Melden Wuchshöhen von über einem Meter. Häufig vorkommend sind die Spieß-Melde und die Spreizende Melde. Sie blühen unscheinbar in knäuelartigen grünlichen bisweilen auch rötlich überlaufenen Scheinähren, die an der Spitze und aus den Blattachseln treiben. Das Samenpotential ist enorm, eine Pflanze kann zigtausende Samen ausbilden, die nur ein bis zwei Millimeter groß sind. Sehr oft werden Melden mit dem ähnlichen Weißen Gänsefuß verwechselt, der ebenfalls ein häufiger Vertreter der Spontanflora in Acker- und Weinbergsböden ist. Der Weiße Gänsefuß wirkt durch eine starke Behaarung des Blütenstandes mehlig bestäubt. Er wird umgangssprachlich auch als Ackermelde, Falsche Melde oder wegen des arteigenen charakteristischen Geruchs als Mistmelde bezeichnet. Die unzähligen Samen der Pflanze sind sehr dauerhaft und lange keimfähig.

Auch der Amarant ist eng verwandt mit den Melden, die alle zur Familie der Fuchsschwanzgewächse zählen. Übrigens gehören auch wertvolle Kulturpflanzen wie die Zuckerrübe, die Futterrübe, Rote Beete, Mangold, Spinat und Gartenmelde dieser umfangreichen Pflanzenfamilie an. In Deutschland kommt der zurückgebogene Amarant, der auch als Ackerfuchsschwanz bezeichnet wird, vor. Der deutsche Name bezeichnet treffend den Blüten- und Fruchtstand, der sich wie der Schwanz eines Fuchses in die Höhe streckt. Der Ackerfuchsschwanz stammt ursprünglich aus Nordamerika und wurde zum ersten Mal um 1815 in Deutschland gesichtet. Er ist damit eine eingeschleppte Art oder ein Neophyt.

Kanadisches Berufkraut in voller Blüte

Amarante sind als so genannte C4-Pflanzen besonders trockenresistent. C4-Pflanzen sind in der Lage, Kohlendioxid für die Photosynthese zunächst vorzufixieren, dies läuft in einem speziellen Zyklus in den Zellen räumlich getrennt von der eigentlichen Photosynthese-Reaktion ab. Durch diese Eigenschaft, die z.B. auch Getreide, Reis, Zuckerrohr und Chinaschilf haben, kann der Wasser- und Stickstoffbedarf bei der Photosythese reduziert werden. Pflanzen mit dieser Eigenschaft arbeiten vor allem bei Wasserknappheit ökonomischer als die Mehrzahl der grünen Pflanzen mit dem herkömmlichen C3-Zyklus. Dies ist sicher mit ein Grund für die enorme Massenbildung und Konkurrenzwirkung auf andere Beikräuter. Zudem wurzelt die Pflanze recht tief, teils bis einen Meter, so dass selbst in Trockenphasen Tiefenwasservorräte erschlossen werden können. Dies schafft eine Konkurrenzsituation auch gegenüber Reben, jedoch kann das umfangreiche Wurzelbildungsvermögen auch von Vorteil für die Bodenstruktur sein. Der Ackerfuchsschwanz bildet ebenfalls sehr hohe Samenmengen, die gerne von Vögeln gefressen werden. Kultivierte Arten (Inkaweizen) mit größeren Samen werden traditionell in Südamerika als Pseudogetreide angebaut.

Hühnerhirse

Auch das Kanadische Berufkraut (auch als Katzenschweif bezeichnet) ist eine aus Nordamerika eingeschleppte Art, die ebenfalls in Weinbergen eine stetige Ausbreitung erfährt. Das wärmeliebende Kraut wächst aus einer Rosette mit einem kräftigen Stängel in die Höhe, der eine Unzahl feinster Blütenköpfchen und Samen trägt, die sich mit dem Wind ausbreiten. Er ist ein Korbblütler. Als einjähriges Ungras ist besonders die Hühnerhirse zu nennen, die zwar nicht sehr hoch wächst, aber eine enorme Konkurrenzkraft bei heißen trockenen Bedingungen besitzt. Diese konkurrenzstarken Samenunkräuter lassen sich nicht mehr aus dem Weinberg verbannen, wenn sie sich dort einmal etabliert haben, denn der Samenausstoß ist viel zu hoch. Daher ist das Ausreißen und Heraustragen von Einzelpflanzen aus dem Weinberg eine nicht zweckmäßige Sisyphusarbeit. Es können und sollten nur die jungen Pflanzen bekämpft werden, sobald eine Konkurrenz für die Reben bei weiterer Entwicklung droht. In den Gassen ist eine Bekämpfung von Samenunkräutern kaum notwendig, hochwachsende Bestände lassen sich genauso gut abmulchen und das zerkleinerte Pflanzenmaterial bildet eine wertvolle Abdeckung. Eine Bodenbearbeitung, die vorrangig der Unkrautbekämpfung dient und falls keine nachfolgende Einsaat geplant ist, sollte ab dem Spätsommer unterbleiben. Fahrfeste Rebgassen sind bei der Vollernterlese ein wichtiges Kriterium für eine schonende Ernte.

Selektiv herbizidunempfindliche Pflanzen

Das Weidenröschen, das in mehreren Unterarten in Weinbergen vorkommt (Rosenrotes W. und Vierkantiges W. und andere), breitet sich zunehmend in Herbizidstreifen aus, die langjährig mit dem Wirkstoff Glyphosat (Round-up Produkte) behandelt werden. Der Wirkstoff wird durch die feinen, lanzettlichen Blätter wohl ungenügend aufgenommen und die unteren Verzweigungen der Pflanze „verholzen“ rasch, lediglich das Rosettenstadium ist bekämpfbar. Ein Wirkstoffwechsel mit anderen zugelassenen Mitteln (Wuchsstoffe, Katana) dämmt die Ausbreitung der Pflanze ein. Zwar wächst es nicht allzu hoch und wird der Rebe selten zur starken Konkurrenz, jedoch sind die Reinbestände im Unterstockstreifen sehr auffällig. Die Pflanze blüht rosa, die Vermehrung geschieht über feine Samen, die in länglichen Kapseln heranreifen und vom Wind verweht werden. Das Nachtkerzengewächs bevorzugt eher feuchte bis nasse Stellen, hat sich aber zunehmend auch in trockeneren Weinbergen etabliert. Es ist ein- bis zweijährig, überwintert im Rosettenstadium und blüht dann im Folgejahr.

Der Schwarze Nachtschatten kann durch einseitigen Herbizideinsatz selektiv zunehmen.

Der Schwarze Nachtschatten kann sich durch langjährigen Einsatz von Katana stark ausbreiten. Die krautige Pflanze aus der Gattung der Nachtschattengewächse ist mit der Kartoffel und Tomate verwandt. Wie diese friert das Kraut bei Frösten ab, es überwintern nur die Samen. Er bildet diese in kleinen schwarze Beeren, die zumindest im grünen Zustand als giftig gelten. Auf durchlässigen, garen Böden kann die Pflanze bei fehlendem Konkurrenzdruck sehr stark in die Höhe wachsen. Das Mittel Katana zeigt zwar allgemein eine gute Wirkung im Vorauflauf gegen Samenunkräuter, speziell der schwarze Nachtschatten wird aber unzureichend erfasst und kann sich ohne Konkurrenzdruck enorm ausbreiten. Eine ergänzende mechanische Bekämpfung sowie ein Wirkstoffwechsel sind unbedingt erforderlich, um ihn wieder zurück zu drängen. Wichtig ist hierbei, dass der Praktiker die Pflanze frühzeitig erkennt und entsprechend zielgerichtet handelt.

Mehrjährige Pflanzen, die sich vornehmlich über Wurzelrhizome und -ausläufer ausbreiten oder verholzen

Acker-Kratzdistel

Bei diesen Arten, die in der Regel sehr ausdauernd sind, findet vorwiegend eine vegetative Vermehrung durch unterirdische Wurzelausläufer statt. Trotzdem ist auch eine Verbreitung durch Samen möglich, die oft den Ausgangspunkt einer Population darstellt.

Zu nennen wären in erster Linie die allbekannten Disteln, genauer als Acker-Kratzdistel bezeichnet. Sie galt lange als schwer bekämpfbares und lästiges Problemunkraut in vielen landwirtschaftlichen Kulturen, da die tiefen Wurzelstränge nur schwer mechanisch zu beseitigen waren. Erst durch den Einsatz systemisch wirkender Herbizide ist sie gut bekämpfbar, aber auch eine Dauerbegrünung kann sie „aushungern“ und zurückdrängen. Sie hat damit ihren Schrecken verloren, den sie früher in mechanisch offen gehaltenen Weinbergen hatte. An Problemstellen sollte die Bekämpfung horstweise erfolgen, so dass das gesamte unterirdische Sprosssystem getroffen wird. Die flugfähigen Samen werden vom Wind weit verdriftet, daher sollten sie möglichst am Abblühen verhindert werden, um die Samenbildung zu unterbinden und die Ausbreitung einzudämmen. Die ebenfalls in Weinbergen weit verbreite Kohlgänsedistel ist unproblematisch, da sie einjährig ist und keine Ausläufer bildet, zudem ist sie nicht besonders konkurrenzstark.

Die ausdauernde Pfeilkresse fühlt sich auf trocken-warmen kiesigen und kalkreichen Weinbergsböden und Aufschüttungen ausgesprochen wohl. Sie vermehrt sich gleichrangig über Ausläufer und Samen. Die Pflanze wird bis zu 60 cm hoch, eine mechanische Bekämpfung des nicht sehr tiefen Sprosssystems ist recht gut möglich.

Ein Ausläufer bildendes Gras ist die Gemeine Quecke, die sich ausgesprochen schwer mechanisch bekämpfen lässt. Eine nachhaltige Bekämpfung mit Glyphosat ist hingegen zweckmäßiger, hierzu sollte aber ausreichend Blattmasse vorhanden sein, damit der Wirkstoff gut aufgenommen wird und bis in die Rhizome vordringt. Besonders im Unterstockstreifen, um Reben und Stickel bilden sich über die Jahre dichte Horste es Schadgrases. Quecken bevorzugen tonige stickstoffreiche Böden und können recht tief Wurzelausläufer bilden.

Auch der Acker-Schachtelhalm kann sich im Unterstockstreifen auf vernässten und verdichteten Böden massiv ausbreiten. Schuld sind oft leck gewordene Drainagen oder einsickerndes Oberflächenwasser. Statt einer direkten Bekämpfung mit wuchsstoffhaltigen Mitteln oder Basta ist vielfach eine Trockenlegung und Lockerung der Problemstellen zielführender.

Auch Winden verbreiten sich durch tiefe unterirdische Ausläufer. Es gibt zwei Arten, die kleinblättrige Ackerwinde, die rosa-weiße Blüten ausbildet, und die großblättrige Zaunwinde, die rein weiß blüht. Sie haben die Eigenschaft, dass sie sich um Stützen schlingen. Im Weinberg sind dies Reben und Stickel. Die grünen Sprosse wachsen im Sommer enorm schnell, so dass regelrecht ein Windenteppich entsteht, sobald sich die Winden erst einmal etabliert haben. Eine Bekämpfung durch Blattherbizide wie Wuchsstoffe oder Glyphosat ist möglich, sobald genügend Blattmasse ausgebildet ist. Dies ist bei der Ackerwinde zur Windenblüte der Fall. Wuchsstoffhaltige Mittel dürfen jedoch nicht zwischen Rebblüte und Schrotkorngröße eingesetzt werden, da Abdriftschäden möglich sind. Oft mit der Winde verwechselt wird der Windenknöterich, eine enorm wüchsige Schlingpflanze, die aber zu den Knöterichgewächsen zählt. Winterwicken ranken ebenfalls gerne in die Drähte, sie sollten daher in die Gassenmitten eingesät werden oder im Unterstockbereich im Frühjahr mit einem Scheibensech abgeschnitten werden.

Efeu kann besonders in Steillagen, wo es sich ausgehend von Weinbergsmauern ausbreitet, zum Problem werden. Die verholzenden Triebe ranken sich ebenfalls an Reben empor und überwachsen die Köpfe. Die Gewöhnliche Waldrebe (Clematis) und die dornenbehaftete wilde Brombeere werden mitunter in Waldnähe zum Problem, da sie sich ebenfalls lianenartig auf das Stützsystem aufschlingen. Bei Bodenkontakt ziehen die Lianentriebe Wurzeln, es können sich an günstigen Stellen regelrechte Pflanzenteppiche bilden.

Eine hohe Wasserkonkurrenz der Reben bedingt die ausdauernde Luzerne sowie Knaulgräser. Luzerne ist eine Futterkleeart, die gerne als Bracheeinsaaten verwendet wird, der Pflanzenbestand sollte vor der Neupflanzung gut umgebrochen und eingearbeitet werden. Luzerne ist ein ausgesprochener Tiefwurzler, daher sollte sie in Saatmischungen nur auf sehr gut wasserversorgten Standorten als Komponente zum Einsatz kommen. Auf Trockenstandorten wird sie auch noch älteren Reben zum Verhängnis beim Kampf um knappes Wasser in tiefen Bodenschichten. Gleiches gilt für das Knaulgras, welches zudem unebene Horste ausbildet, die die Fahrebene beeinträchtigen können.

Die Große Brennnessel etabliert sich oft in Dauerbegrünungen, die seltener gemulcht werden, und auf stickstoffreichen Stellen. Sie ist als Wirtspflanze der Winden-Glasflügelzikade in Verruf gekommen, da diese Zikade durch Suchstiche die Erreger der Schwarzholzkrankheit (Phytoplasmen) auf die Reben überträgt. Daher sollten Brennnesselstauden nur außerhalb der Flugzeit der Zikade beseitigt werden. Dies ist vom Spätherbst bis etwa April der Fall. Während der Flugzeit der Winden-Glasflügelzikade sollten die Brennnesseln möglichst geschont werden, um einen Flug auf die Reben zu vermeiden. Auf nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen, die an Weinbergen angrenzen, ist eine Brennnesselbeseitigung nur durch eine Ausnahmegenehmigung gestattet. Gleiches gilt für verwilderte Unterlagsreben an Wegrändern und Böschungen, die ebenfalls sehr kritisch zu sehen sind, da sich Blattrebläuse etablieren können und auf angrenzende Ertragsreben überwandern können. Auch hier ist für eine chemische Bekämpfung eine Ausnahmegenehmigung erforderlich.

Alle natürlich vorkommenden Weinbergskräuter können hier nicht angefügt werden, viele sind nur lokal von Bedeutung. Wie anfangs erwähnt, ist eine Vielzahl der in Weinbergen vorkommenden Wildpflanzen nützlich und erwünscht. Gerade die konkurrenzschwachen Frühjahrblüher Gänseblümchen, Purpurrote Taubnessel, Ehrenpreisarten, Erdrauch, Vogelmiere, strahlenloser Kamille, um nur einige davon aufzuzählen, bereichern die noch kahlen Fluren in den Weinbergen mit Farbtupfern und sorgen für ein reichhaltiges Nektarangebot für Bienen und Insekten (siehe auch Wildflora im Weinberg). Hinzu kommen artenreiche standortangepasste Einsaatmischungen. Vorgewende und Randstreifen zum Weg sind bevorzuge Rückzugsorte für wärmeliebende und seltene Arten wie etwa der Natternkopf oder seltene Zwiebelgewächse. Sie sollten unbedingt geschont und geschützt werden. Der Einsatz von zugelassenen Herbiziden ist nur innerhalb der weinbaulich oder landwirtschaftlich genutzten Fläche gestattet und auf das notwendige Maß zu beschränken.

In der Tabelle werden nochmals die wichtigsten Unkräuter im Weinberg zusammenfassend dargestellt.

Merkmale häufig im Weinbau vorkommender Unkräuter [1]

Bezeichnung Botanischer Name Wuchsverhalten Vorkommen Bekämpfbarkeit im Weinbau Bekämpfungswürdigkeit im Weinbau
mechanisch chemisch
Gemeine Quecke Agropyron repens Gras mit weit kriechenden unterirdischen Ausläufern auf fast allen, verstärkt auf nährstoffreichen, dichten Böden sehr schlecht gut (mit Glyphosat) sehr hoch
Amarantarten Amarantus spp. üppig und bis ca. 1m hoch wachsend auf humosen, nährstoffreichen, warmen Böden mäßig gut hoch
Hirtentäschel Capselle bursa-pastoris lückig und mäßig hoch wachsend auch auf mageren aber lockeren Böden gut gut gering
Pfeilkresse Lepidium draba aufrecht bis 50 cm hoch, starkes Verdrängungsvermögen; Vermehrung auch über Wurzelausläufer kiesige, kalkhaltige Lehmböden schlecht mäßig sehr hoch
Weißer Gänsefuß Chenopodium album locker aber bis 150 cm hoch wachsend gare stickstoffreiche Lehm- und Sandböden gut gut hoch
Distelarten Cirsium spp. z.T. über 1 m hoch wachsend, starkes Verdrängungsvermögen auf fast allen Böden mäßig gut hoch
Ackerwinde Convolvulus arvensis am Boden flach wachsend, aber an den Stöcken hochrankend trockene, warme, lockere Böden sehr schlecht gut (mit Glyphosat) sehr hoch
Klettenlabkraut Galium aparine an den Stöcken hochrankend fruchtbare, humose Böden schlecht mäßig sehr hoch
Einjähriges Bingelkraut Mercurialis annua dichte Bestände bildend humose, nährstoffreiche, warme Böden gut gut mäßig
Schwarzer Nachtschatten Solanum nigrum dichte Bestände bildend, z.T. kräftige Stauden, höher als Bingelkraut humose, nährstoffreiche, warme Böden gut gut hoch
Gemeines Kreuzkraut Senecio vulgaris dicht aber mäßig hoch-wachsend humose, stickstoffreiche, warme Böden gut gut gering
Knötericharten Polygonum spp. flachwachsend, Windenknöterich hochrankend z.T. auch auf dichten, feuchten Böden gut, bei ausläufertreibenden Arten schlecht gut, bei ausläufertreibenden Arten schlecht hoch
Vogelmiere Stellaria media dicht, aber flach wachsend humose, stickstoffreiche, warme Böden gut gut gering

Weitere Infos

Einzelnachweise

  1. Müller, E. (Herausgeber) (1999): Der Winzer, Band 1 Weinbau

Literaturverzeichnis

  • Goetz, G. (2015): Nützliches Beikraut oder schädliches Unkraut? Abteilung Weinbau & Oenologie (Gruppe Weinbau), Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße.
  • B. Altmayer, B. Fader, M. Harms, R. Ipach, U. Ipach, H.-P. Lipps, K.-J. Schirra, B. Ziegler (2010): Sachkunde im Pflanzenschutz (Weinbau). 6. überarbeitete Auflage. Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, Abteilung Phytomedizin. Neustadt an der Weinstraße. 
  • Müller, E. (Herausgeber) (1999): Der Winzer, Band 1 Weinbau