Rieslingklone

Aus Vitipendium
Wechseln zu: Navigation, Suche
Der Riesling Klon Gm 355 gilt als derzeit schwachtragendster Rieslingklon aus dem Geisenheimer 300er Programm.

Die Rebsorte Weißer Riesling stellt mit deutlichem Abstand die Hauptsorte in der Pfalz, in Rheinland-Pfalz und in Deutschland dar. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über Vor- und Nachteile der verschiedenen Rieslingklone aus weinbaulicher Sicht.

Bedeutung der Rebsorte und Klonenzüchtung

Die Pfalz besitzt mit 5.779 ha die größte Rieslinganbaufläche, vor der Mosel mit 5.357 ha.[1] Die Traditionssorte hat insbesondere in den letzten Jahren weiter an Renommee gewonnen und einen Flächenzuwachs erfahren. So stiegen die Anbauzahlen zwischen 2009 bis 2013 pfalzweit um 233 ha. Auf ganz Rheinland-Pfalz gesehen betrug die Zunahme 739 ha. In unseren wichtigen Exportmärkten steht Rieslingwein quasi für deutschen Wein schlechthin. Auch in unseren Nachbarländern Österreich, Frankreich (Elsass) und Luxemburg spielt Riesling eine bedeutende Rolle.

Der Riesling Klon N90 ist ein bewährter Standardklon aus Neustadt, der in der Pfalz ausgelesen wurde.

Aufgrund der hohen Bedeutung von Riesling wird schon seit über hundert Jahre systematische Erhaltungszüchtung betrieben. Laut der Klonenbroschüre „Die Deutschen Rebklone“ begann am DLR Rheinpfalz, damals noch als Königliche Lehranstalt für Wein- und Obstbau in Neustadt bezeichnet, der Aufbau von Rieslingklonen bereits 1913. Weitere namhafte und aktive Erhaltungszüchter waren die Kreisrebenveredlungsanstalt in Bernkastel-Kues (seit 1911), die Gutsverwaltung Niederhausen-Schloßböckelheim an der Nahe (1915), die Lehr- und Versuchsanstalt in Weinsberg (1916) sowie die Forschungsanstalt in Geisenheim (1921). Zunächst stand in den frühen Jahren die Ertragssicherung im Vordergrund. Zum einen mussten aufgrund der Reblausproblematik viele traditionelle Weinbaulagen auf Pfropfreben umgestellt werden. Viele dieser Anlagen erlaubten zum anderen erziehungsbedingt keine ökonomische Erzeugung mehr oder waren überaltert. Somit stand die Erzeugung von gesundem (virusfreiem) Pflanzgut, geringe Verrieselungsneigung und Stielfestigkeit klar im Vordergrund beim Klonenaufbau. Gerade die Neigung zu Bodentrauben durch Stielfäule sowie die ausgeprägte Neigung zur Verrieselung (Namensursprung „Riesling“) bei schlechtem Blütewetter führten zu unsicheren und schwankenden Erträgen. Dass sich die Sorte trotzdem am Rhein und an der Mosel fest etablieren konnte, lag an der überragenden Weinqualität, die seit alters her gerühmt wurde und zu einem reinsortigen Anbau führte. Auch die späte Reife, die nur in manchen Jahren voll ausgereifte Trauben erzeugen ließ, tat hier keinen Abbruch. Alle älteren Standardklone dieser Zielsetzung zeigen wenige bis keine Unterschiede. Dies ist wenig verwunderlich, da ja die Auslesekriterien identisch waren. Vielfach wurde auf regionale Herkünfte geachtet, d. h. die in der Pfalz ausgelesenen Klone wie N 90 wurden vorrangig wieder in der Pfalz gepflanzt, Naheklone an der Nahe, Rheingauer Klone im Rheingau und Moselherkünfte wiederum an der Mosel. Die von den Züchtern propagierten Eigenschaften sind meist allgemein formuliert und auch so zu interpretieren. Statt alleine auf den Klon sind Unterschiede auch auf Standort- und Klimaunterschiede zurückzuführen. So gelten Moselklone als säurebetonter, der Klon N 90 als besonders blumig, was aber mehr den Standort oder das Terroir betrifft, auf dem sie wachsen. Denn in langjährig ausgewerteten Klonenvergleichen auf derselben Fläche wurden aber kaum Unterschiede manifestiert. Anfängliche Unterschiede nivellierten sich über die Jahre bei langen Versuchsreihen.

Vielfach wurde und wird ein Klon auch deshalb bevorzugt gepflanzt, weil eine persönliche Affinität des Winzers zu einem Klon oder einer Klonherkunft besteht, man kann dies auch mit dem Begriff Klonen-Philosophie umschreiben. Auch die Orientierung, was „Riesling-Leitbetriebe“ pflanzen oder die Verfügbarkeit beim regionalen Veredler spielt für die Auswahl eine wichtige Rolle.

Sehr kompakter Riesling Standardklon neigt schnell zu Fäulnis

Dieser Blick auf die Vergangenheit und Gegenwart unterstreicht die lange Tradition in der Erhaltungszüchtung bei Riesling, die aber keinesfalls angestaubt wirken soll. Vielmehr haben sich staatliche und private Erhaltungszüchter in den letzten Jahren intensiv und erfolgreich mit der Auslese neuer Klonentypen beschäftigt, die sich in Klonenvergleichen deutlich unterscheiden. Die Klonenzüchtung muss immer auf die vorhandene Variabilität einer Sorte zurückgreifen. Man kann nur erhalten und vermehren, was bereits existiert und kann nicht aktiv kreuzen, wie das bei der Kreuzungszüchtung, also der Gewinnung neuer Sorten, der Fall ist. Die größte Variabilität findet sich in sehr alten Weinbergen, die noch nicht klonenrein gepflanzt wurden (vor 1950). Solche Weinberge wurden ausfindig gemacht und systematisch untersucht, oft im letzten Moment vor einer Rodung. Insbesondere alte wurzelechte Bestände an der Mosel erwiesen sich als wahre Fundgruben von genetischen Riesling-Ressourcen. Dass diese Reben nicht schon früher „entdeckt“ wurden, liegt an der heutigen geänderten Zielsetzung. Lockerbeerige Klone mit reduzierter Ertragsleistung entsprachen keinesfalls den damaligen Wunschvorstellungen eines idealen Klons. Obligatorisch ist eine Testung auf Viruskrankheiten (GFV, ArMV, GLRaV-1 GLRaV-3). Wird Befall festgestellt, so muss das Vermehrungsmaterial verworfen werden, denn das Pflanzgut muss frei von Viruskrankheiten sein. Daher dürfen die Kloneigenschaften wie z. B. Locker- oder Kleinbeerigkeit nicht durch Virusbefall ausgelöst, sondern müssen erblich bedingt sein. War einst Edelfäule durch kompakte Traubenstruktur erwünscht und Garant für edelsüße Auslesen, so wird heute sehr großen Wert auf eine hohe Traubengesundheit bis zur Endreife gelegt. Besonders bei warmen und leider oft feuchten Herbsten in Verbindung mit vorangeschrittener Reife erweist sich die Beerenhaut des Rieslings als platzempfindlich.

Herkünfte und Kurzbeschreibung neuer Rieslingklone

Da einige der Klone nicht in der Versuchsanlage am DLR Rheinpfalz stehen, sollen im Folgenden Ergebnisse und Veröffentlichungen der Züchter kurz zusammengefasst werden. Die Quellen als Internetlinks sind jeweils angegeben.

Riesling Klon Selecta im Vergleich zu einem Riesling Standardklon (nächstes Bild), beide Reben im 2. Jahr aus 2013, Standort Heppenheim/Bergstraße. Die Kleinbeerigkeit von Selecta führt zu länger fäulnisstabilen Trauben.
Riesling Standardklon im Vergleich zum Klon Selecta. Größere Beeren und kompaktere Trauben führen früher zu Fäulnis als bei den lockerbeerigen Trauben von Selecta.
300-er Klone aus Geisenheim Französische/Elsässer Klone Rieslingklon Selecta
ca. 20 angemeldete Klone: Diese Selektionen erfolgten ab Mitte der 90er Jahre aus sehr alten Anlagen an Mosel und Rheinhessen durch die Hochschule Geisenheim/ Institut für Reben- und Klonenzüchtung. Ziel war die Suche nach aufgelockerten und ertragsschwächeren Qualitätsklonen bei Erhalt eines größtmöglichen Spektrums an genetischer Variabilität der Sorte Riesling. Daher ist die Klongruppe nicht homogen. Entscheidender ist es, den einzelnen Klon innerhalb dieser Gruppe zu betrachten. Als besonders ertragsvermindert (ca. 80 kg/a) und aufgelockert gelten die beiden Klone Gm 355 und Gm 365. Sie sind daher im Premiumbereich angesiedelt. Zwar steigen die Mostgewichte durch den niedrigeren Ertrag erwartungsgemäß an, jedoch schwächer als proportional zum Ertragsrückgang zu erwarten wäre. Dies muss im Hinblick auf zu hohe Alkoholgehalte aber nicht nachteilig sein. Damit ist eine längere Ausreife bei besserer Aromenausbildung möglich. Auch die rieslingtypische Säure bleibt stabil erhalten, der Säurerückgang ist sehr moderat.[2]
Gm 325 Riesling Goetz.jpg

Klon Gm 325 ist ein neuer Klon aus Geisenheim mit leicht verminderten Erträgen, der etwas höhere Mostgewichte brachte.

Klon B 1094, ein aufgelockerter Elsässer Klon mit weniger Ertrag im Vergleich zu Standardklonen, frühere Reife führt zu höherem Mostgewicht. Relative Erträge verschiedener Elsässer Rieslingklone zum Standardklon 49 (Erhebungszeitraum von 1999 bis 2003 auf Elsässer Standorten[3]
Rieslinganbau spielt in Frankreich nur im Elsass eine Rolle, dort wurden diese Klone von der INRA (French National Institute for Agricultural Research) selektiert. Das vorrangige Selektionsziel waren aufgelockerte und kleinere Trauben, zudem wird für diese Klone eine höhere Reife im Vergleich zum dortigen Standardklon 49 ausgewiesen. Laut französischen Auswertungen gelten die Klone 1089 und 1090 als am stärksten im Ertrag vermindert (30 bis 40% geringerer Ertrag zum Standardklon, siehe Schaubild unten), sie erreichen dabei eine hohe Zuckerreife. Der Wuchs ist teils etwas schwächer und die Beerenzahl je Traube vermindert. Bei vergleichenden Verkostungen wurden diese Weine besser als der Standardklon 49 nach Einschätzung der französischen Veröffentlichung bewertet.[4]
Rieslingklone Schema1 Goetz.png
Auch Lockerbeerigkeit schützt bei Riesling nicht vor Fäulnis, wenn die dünne Beerenhaut durch Regen platzt.
Dieser Klon wurde durch das das Rebsortenbüro Andreas Jung aus Lustadt/Pfalz an der Mittelmosel selektiert. Die Trauben zeichnen sich durch goldgelbe, gegenüber Standardrieslingen deutlich kleinere, fast kernlose Beeren aus, die gleichmäßig und locker an der Traube sitzen. Die Lockerheit entsteht durch das verringerte Beerenvolumen. Die Öchslegrade sind gegenüber Standardrieslingen erhöht, die Säurewerte vergleichbar. Unter günstigen Bedingungen sind gesunde Trauben mit über 100° zu erzielen, die Beeren schrumpfen leicht ein. Durch kräftigen Wuchs und kleinbeerige Trauben ist der Klon auch für Trockenstandorte geeignet. Er zeigt im Vergleich zu Standardklonen eine gute Trockentoleranz und macht einen vitalen Eindruck. Der Ertrag ist niedriger als bei Standardklonen, aber gilt als stabil ohne starke Jahresschwankungen. Jedoch wird die Beerenhaut bei Nässe ebenfalls leicht dünnhäutig und führt zum Platzen.

Der Klon wurde erst kürzlich beim Bundessortenamt angemeldet. Pflanzgut steht für Winzer bislang noch nicht zur Verfügung, Vermehrungsanlagen wurden aber erstellt.[5]

Versuchsauswertungen am DLR Rheinpfalz

Im Folgenden werden aktuelle Versuchsergebnisse neuer Rieslingklone im Vergleich zu Standardklonen dargestellt. In der Vergleichsanlage am DLR Rheinpfalz (Schlittweg I) sind dies die Klone N 90 (eingetragener Klon vom DLR Rheinpfalz), Trier 43 (DLR Mosel) und DN 500 (Nahe-Klon der Gutsverwaltung Niederhausen-Schlossböckelheim). Die Anlage wurde 2010 gepflanzt und die gemittelten Daten in nachfolgender Tabelle von 2013 bis 2015 erhoben.

Versuchsauswertung Schlittweg 1 Riesling Klonvergleich Pflanzung 2010, Auswertung 2013-15
Klon durchschn. Gesamtertrag in kg/a gemittelter Anteil fauler Trauben aus 2014/15 in kg/a durchschn. Mostgewicht in °Oe durchschn. Mostsäure in g/l durchschn. Befallsstärke Botrytis in % durchschn. Befallshäufigkeit Botrytis in %
N 90/SO4 157 34 84,9 11,5 17 69
DN 500/SO4 174 56 84,9 12,2 19 67
Trier 34/SO4 159 70 80,9 12,2 26 76
Gm 342/Börner 176 39 83,3 12,4 21 67
Gm 325/SO4 166 39 88,6 12,0 23 76
B 1090/SO4 102 30 92,0 10,4 23 70
B 1091/SO4 134 47 91,7 10,4 23 70
B 1094/SO4 90 45 92,0 9,9 23 80
Roter Riesling/SO4 169 36 83,9 10,9 17 58

Neue Klone dieses Versuchsfelds sind die beiden Geisenheimer Klone (Gm 342 und Gm 325) aus der 300er Serie der Rebenzüchtung Hochschule Geisenheim sowie drei Elsässer Rieslingklone (B 1090, B 1091 und B 1094). Vor der Klon-Nummer tragen sie das Kürzel „B“ oder neuerdings auch die Bezeichnung „CTPS“ (Comité Technique Permanent de la sélection). Als weitere Variante wurde die Sorte Roter Riesling in die Klon-Anlage aufgepflanzt. Sie ist kein Rieslingklon sondern eine eigenständige weiße Sorte, die sich vom Weißen Riesling ampelographisch durch die rötliche Beerenhaut unterscheidet. Roter Riesling hat in Rheinland-Pfalz noch keine Sortenzulassung. Mit Ausnahme von Gm 342 (Unterlage Börner) stehen alle Klone auf der Unterlage SO4.

Essigfäule an Riesling

Die dreijährige Auswertung ergab folgendes Bild: Die Klone DN 500, Gm 342 sowie der Rote Riesling wiesen mit ca. 170 kg/a die höchsten Erträge im Mittel der drei Jahre auf. Dahinter folgten Gm 325, N 90 und Trier 34 mit leicht geringeren Erträgen. Die drei Elsässer Klone waren allesamt geringer im Ertrag, wobei besonders der Klon 1094 am deutlichsten abfiel. Aufgrund der Menge-Güte-Relation wiesen sie aber um bis zu 10° höhere Mostgewichte im Vergleich zu den drei Standardklonen auf. Das Mostgewicht wurde jeweils nur an gesunden Beeren gemessen. Auch die Mostsäure lag hier deutlich unter den Vergleichsklonen. Die Fäulnis wurde jeweils unmittelbar vor der Lese bonitiert. Alle Klone wurden trotz Reifeunterschieden zum selben Zeitpunkt bonitiert und gelesen. Die höchste durchschnittliche Botrytis-Befallsstärke war an Tr 34 festzustellen. Die hohe Befallshäufigkeit des französischen Klons 1094 ist vor allem auf die höhere Reife der Trauben zurückzuführen. Da in den Jahren 2014 und 2015 die Fäulnis im Vergleich zu 2013 nicht reintönig war (essigfaule Fraktion), wurden die faulen Anteile verworfen. Dieser Anteil (Mittelwert aus 2014 und 15) ist in der zweiten Spalte angegeben. Besonders im sehr fäulnisgeprägten Jahr 2014 mussten teilweise 50% der Trauben verworfen werden. Eine frühere Lese einzelner reiferer Klone hätte den Schaden beträchtlich vermindert, war aber aus logistischen Gründen nicht machbar.

Der tiefgründige Standort „Schlittweg“ neigt in Botrytis-Jahren zu Fäulnis. Da alle untersuchten Jahre mehr oder weniger von Fäulnis geprägt waren, erscheinen die Durchschnittswerte relativ hoch. Während sich die drei Elsässer Klone durch höhere Reife und geringere Durchschnittserträge von den Standardklonen unterschieden, zeigten die beiden 300er Gm-Klone keine wesentlichen Unterschiede zu den Standardklonen. Ein Einfluss durch die etwas stärkere Unterlage Börner ist aber möglich. Die Sorte Roter Riesling hatte aber tendenziell eine geringere Befallshäufigkeit der Trauben. Auch die Mostsäure scheint bei gleichem Reifestand etwas vermindert zu sein. Für gesicherte Aussagen ist die Datenreihe aber noch zu kurz.

Entblätterung ist wirkungsvoll gegen Fäulnis, bei zu starker Intensität leidet die Reife.

Der geringere Ertrag von 1094 beruht in erster Linie auf einer geringeren Beerenzahl der Trauben. Traubenzahl je Stock und Beerengröße waren unwesentlich vermindert. Gm 325 und 1094 waren etwas ausgelockerter, was durch den Quotient aus Taubengewicht/Traubenlänge ermittelt wurde. Dies beugt Quetschfäule/Frühbotrytis von Beeren vor, da die Beeren mehr Raum einnehmen können. Lockerbeerigkeit muss bei Riesling aber nicht zwangsläufig weniger Fäulnis bedeuten, da Botrytis häufig durch Platzen der Beeren in fortgeschrittenen Reifestadien unter feucht-warmen Bedingungen schlagartig erfolgt (siehe Bildergallerie oben). Dies konnte auch 2015 beobachtet werden. Dagegen zeigt sich bislang kein Rieslingklontyp stabil, offenbar ist dies eine dominante Sorteneigenschaft des Rieslings. Vorbeugend helfen in erster Linie frühe Entblätterungsmaßnahmen.

Fäulnisentwicklung Riesling 2013; BH = Befallshäufigkeit; BS = Befallsstärke
Fäulnisentwicklung Riesling 2014; BH = Befallshäufigkeit; BS = Befallsstärke

Wie auf den Schaubildern rechts zu erkennen ist, waren sowohl 2013 als auch 2014 stark von Fäulnis geprägt. Die Bewertungen erfassten Botrytis einschließlich Essigfäule, welche aber nur 2014 ein Problem darstellte. In 2013 entwickelte sich die Fäulnis spät, da die Reife insgesamt verzögert war. Durch warme und feuchte Witterung breitete sie sich aber massiv aus. So lag die Befallshäufigkeit, das heißt der Anteil an Trauben, die faule Beeren aufwiesen, bei 48 bis 85%. Die Befallsstärke, welche den Anteil fauler Beeren im Vergleich zu gesunden beurteilt, lag zwischen 18 und 36%. Anhaltende Beerennässe führte zum Platzen der Beeren und beschleunigte die Fäulnisentwicklung. Bei reiferen Trauben bzw. höheren Mostgewichten wirkte sich das Platzen stärker aus. Gerade schwächer tragende Klone hatten vermehrt Risse in der Beerenhaut, dies lag neben der höheren Porosität der Haut auch am geringeren Ertrag. Der Wasser- und Nährstoffschub verteilte sich insgesamt auf weniger Beeren. Auffällig war auch, dass die Sorte Roter Riesling 2013 die geringsten Fäulniswerte aufwies. Dies lag wie bei den anderen Standardklonen DN 500, N 90 und Trier 34 am höheren Ertrag und an den geringeren Mostgewichten. Sie blieben damit länger stabil. Der Klon Gm 325 ist den Standardklonen sehr ähnlich.

2014 war der Ertrag insgesamt etwas höher, aber auch die Reife weiter fortgeschritten. Daher wurde deutlich früher gelesen. Standardklone wie Trier 34 oder N 90 zeigten typische Quetschfäule auf, die höher lag, als bei den neueren Klonen. Neben Botrytis trat auch Essigfäule in Erscheinung. Die Sorte Roter Riesling bewegte sich 2014 in der Bewertung im Mittelfeld, die beiden Elsässerklone B 1090 und B 1091 hatten bei verringerten Erträgen aufgrund der aufgelockerten Traubenstruktur geringere Fäulniswerte. Die Erträge waren stabiler als im Vorjahr. Klon B 1094 war fauler, da die Reife aufgrund niedriger Erträge bereits weit fortgeschritten war.

Riesling Klonenvergleich 2013: Mostgewicht, Mostsäure und Erträge (einschl. Faulgut) 2013
Riesling Klonenvergleich 2014: Mostgewicht, Mostsäure und Erträge (ohne Faulgut) 2014

Im Schaubild rechts sind die Erntedaten aus 2013 dargestellt. Es traten deutliche Unterschiede im Ertrag auf. Dies zeigt die weite Spannweite zwischen 73 bis 187 kg/ar auf. Die drei Elsässerklone waren allesamt ertragsschwach, insbesondere B 1090 und B 1094. Aufgrund der Menge-Güte-Relation waren die Mostgewichte überdurchschnittlich erhöht. In spätreifenden Jahren ist dies besonders vorteilhaft. Wären die anderen Klone jedoch im Ertrag reduziert, wäre sicherlich mit vergleichbaren Werten zu rechnen gewesen. Die Sorte Roter Riesling war sowohl 2013 als auch 2014 so ertragreich wie die Standardklone.

Wie im nächsten Schaubild rechts aufzeigt, waren im Folgejahr die Unterschiede ebenso deutlich ausgeprägt. Auffällig ist, dass Klon B 1094 mit nur 56 kg/a ausgesprochen ertragsschwach war. Zu berücksichtigen ist, dass 2014 die essigfaulen Trauben verworfen wurden. Die Ertragsbalken im Diagramm geben somit nur das verwertbare Traubengut wider. Insbesondere bei den Klonen Trier 34 und DN 500 wurden merkliche Mengen an mischfaulen Trauben verworfen. Die 2014 verworfenen Trauben sind im Einzelnen in der Tabelle unten quantifiziert. Diese müssen relativ zum Gesamtertrag gesehen werden. So machen die 27 kg/a verworfenen Trauben beim Klon B 1094 32% des Gesamtertrags aus, beim Klon N 90 bedeuteten 35 kg/a Faulanteil hingegen nur 21% Ausschuss. Dies heißt: Je niedriger das Ertragsniveau, umso schmerzlicher ist der zusätzliche Ertragsverlust durch Fäulnis. Dies kann die Rentabilität in schwierigen Jahren stark beeinträchtigen, zumal auch der zeitliche Aufwand für die Vorselektion berücksichtigt werden muss.

Absolute und relative Erträge an gesunden und verworfenen Trauben in 2014 (Schlittweg1)
Lese 25.09.2014 essigfaule Trauben verworfen Ernteertrag verwertbar Gesamtertrag Relativer Faulanteil zum Gesamtertrag
Klon in kg/a in kg/a in kg/a in %
B 1090 21 98 119 17
B 1091 34 101 135 25
B 1094 27 56 83 32
DN 500 56 122 178 31
Trier 34 71 78 149 47
N 90 35 128 164 21
Gm 325 42 146 188 22
Roter Riesling 34 150 184 18

Praxisvergleich Geisenheimer Klone am Standort Neustadt-Diedesfeld 2013 und 2014

Rieslingklone am Standort Neustadt-Diedesfeld. Stockerträge und Mostgewichte als Mittelwerte von 2013 und 2014

In einem nahegelegenen Praxisversuch in Neustadt-Diedesfeld, der vom Weinbauversuchsring Pfalz betreut wird, wurden verschiedene Geisenheimer Klone untereinander verglichen. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass die Klone auf verschiedenen Unterlagen gepflanzt wurden. Daher sind die Klonunterschiede nur eingeschränkt vergleichbar. Links im Schaubild sind die beiden Standardklone Gm 110 und Gm 239 dargestellt. Auffällig ist, dass der Klone Gm 355 ertragsschwach ist, danach folgen die Klone 325 und 365. Weitere Klone aus der 300er Serie unterscheiden sich nicht von den beiden Standardklonen, sind teilweise sogar höher im Ertrag. Dargestellt sind die Mittelwerte aus 2013 und 2014. Die Erträge sind in Kilogramm pro Stock ausgewiesen. Geht man von circa 40 Reben pro Ar aus, so variieren die Erträge der schwachtragenden Klone zwischen 100 und 130 kg/a. Die Erträge der reichtragenden Klone liegen hingegen bei 180 kg/a. Der Standort ist tiefgründiger und wüchsiger als der Standort im Schlittweg I, dies zeigt auch das insgesamt höhere Ertragsniveau. Die beiden Standardklone Gm 110 und Gm 239 haben bei etwas höherem Ertragsniveau vergleichbare Mostgewichte. Dies bestätigt, dass bei früheren Klonenauslesen auf einen hohen Zuckerertrag pro Flächeneinheit Wert gelegt wurde. Mindererträge führen kaum zu einem höheren Mostgewicht, Riesling erweist sich dabei besonders qualitätsstabil. Eine Fäulnisbonitur und Verwiegung erfolgte an diesem Standort nicht.

Anbauempfehlungen für traditionelle und neue Klone

Die Traditionssorte Riesling weist eine stärkere Variabilität hinsichtlich neuer Klonentypen auf, als noch vor Jahren zu erwarten war. Diese konnten dank des erhaltungszüchterischen Engagements verschiedener Klonenzüchter in alten Weinbergen für die Zukunft gesichert werden. Diese genetische Bandbreite stellt für den Winzer ein Repertoire dar, das es zukünftig zu nutzen gilt. Jedoch sind die Vermarktungsschienen für Niedrigertragsklone begrenzt. Neben der Premiumerzeugung für traditionelle Weinlagen können sie auch in Lagen ihre Berechtigung haben, die bislang für Riesling als zu kühl galten bzw. sehr wüchsige Böden vorweisen. Hier können das verringerte Ertragsniveau und die lockere Beerenstruktur zur besseren Reife beitragen. Vorteilhaft sind diese auch auf fruchtbaren/wüchsigen Standorte: Die Trauben werden dort in der Regel sehr kompakt und setzen viel Ertrag an. Natürlich verminderte Erträge sind dort also vorteilhaft. Ein verringertes Ertragsniveau lässt sich leicht dort durch längeren Anschnitt kompensieren. Die Lockerbeerigkeit der Trauben bleibt erhalten und die Reife wird etwas verzögert. In warmen, traditionellen Riesling-Lagen (hitzige leichte Böden) ist der Anbau frühreifender Klone dagegen kritisch zu sehen. Dies gilt umso mehr auf virusbelasteten Standorten. Dort sollten besser bewährte und ertragssichere Standardklone gepflanzt werden. Die traditionellen Rieslingklone werden aufgrund der Ertragssicherheit weiterhin die Hauptrolle im Anbau spielen. Sie sollen keineswegs ersetzt werden. Ihre Vorzüge sind nach wie vor in der Praxis und bei der Beratung anerkannt.

Zusammenfassung

Fäulnis ist beim Roten Riesling in den Anfangsstadien schwer zu erkennen. Erst beim Ausbilden des Pilzrasens zeigen sich die Botrytis-Nester deutlich.
  • Die drei Elsässer Klone (CTPS/B 1090, B 1091 und B 1094) sowie der Klon Gm 355 sind aufgelockert und deutlich schwächer im Ertrag. Dabei ist die Beerenzahl pro Traube verringert, nicht aber die Beerengröße.
  • Fäulnis korreliert eng mit Ertrag (Menge-Güte-Relation) und Reife, bei höherer Reife bzw. vermindertem Ertrag nimmt Fäulnis allgemein zu.
  • Lockerbeerigkeit bei Riesling schützt vor früher Quetschfäulnis (Abdrücken), nicht aber gegen platzende Beeren
  • Die Mostgewichte nehmen häufig schwächer zu, als durch den Minderertrag nach der Menge-Güte-Relation zu erwarten wäre. Dies gilt bei gesundem Lesegut, nicht bei Edelfäule. Bei Traubengeld-Auszahlungen, die auf geringer Mostgewichtsstaffelung beruhen, führt dies zu einer unterproportionalen Auszahlungsleistung. Um ertragsverminderte Klone für Traubenvermarkter trotzdem konkurrenzfähig zu halten, müssten gesonderte Faktoren für Traubengesundheit, Kleinbeerigkeit und Aromatik berücksichtigt werden.
  • Die Sorte Roter Riesling ist vom Traubentyp und Ertragsniveau vergleichbar mit traditionellen (kompakten) Rieslingklonen. Eine verminderte Fäulnis war insbesondere 2013 auffällig. Gegen Platzen sind die Beeren ebenfalls anfällig, beginnende Fäulnis ist aber schwer zu erkennen, da die rötliche Beerenfärbung des Grauschimmels sehr ähnlich ist. Erst wenn sich Pilzrasen entwickelt, sind Fäulnisnester aus der Entfernung erkennbar.
Vorläufige Einordnung neuer Rieslingklone zu Standardklonen nach Auswertungen von 2013 bis 2015
Klon Reifezeit Mostgewicht1 Mostsäure Ertragsniveau Traubengröße Beerengröße2 Kompaktheit2 Quetschfäule2 Platzgefahr3 Ertragsstabilität Verfügbarkeit Pflanzmaterial
Standardklone* z. B. N 90, DN 500, Trier 34 mittel bis spät mittel mittel - hoch hoch groß, geschultert mittel - groß mittel bis kompakt mittel bis hoch mittel hoch umfassend
Sorte Roter Riesling*5 mittel bis spät mittel mittel - hoch hoch groß, geschultert mittel - groß mittel bis kompakt mittel mittel hoch begrenzt
Gm 342, Gm 325* mittel bis spät 342 Gm mittel; 325 Gm mittel - hoch mittel - hoch hoch groß, geschultert mittel - groß mittel bis kompakt mittel bis hoch mittel langj. Erfahrungen fehlen noch begrenzt
B 1091 (CTPS 1091)* mittel bis früh hoch vermindert mittel mittel mittel - groß aufgelockert gering mittel bis hoch langj. Erfahrungen fehlen noch begrenzt
B 1090 (CTPS 1090)* mittel bis früh hoch vermindert gering - mittel klein mittel - groß aufgelockert gering mittel bis hoch langj. Erfahrungen fehlen noch begrenzt
B 1094 (CTPS 1094)* früh hoch vermindert gering klein mittel - groß aufgelockert gering mittel bis hoch langj. Erfahrungen fehlen noch begrenzt
Gm 365, Gm 3256 mittel bis früh mittel - hoch vermindert gering - mittel klein mittel - groß aufgelockert gering mittel bis hoch langj. Erfahrungen fehlen noch begrenzt
Gm 3556 früh hoch vermindert gering klein mittel - groß lockerbeerig sehr gering mittel bis hoch langj. Erfahrungen fehlen noch begrenzt
Selecta4 früh hoch bis sehr hoch vermindert gering - mittel mittel klein (jungfernfrüchtig) lockerbeerig sehr gering mittel langj. Erfahrungen fehlen noch noch nicht
1ohne Ertragsregulierung, ohne Edelfäulnis; 2bei gutem Blüteverlauf;3stark abhängig von Reifezeitpunkt, Wuchskraft, Temperatur und Beerennässezeiten;4Standort Heppenheim/Bergst., Lösslehm, Südwesthanglage (vom Klon Selekta ist aktuell noch kein Pflanzgut verfügbar);5Die Sorte Roter Riesling ist außerhalb Hessens, Sachsen-Anhalts und Thüringens noch nicht zugelassen (Versuchspflanzung ist möglich);6Standort NW-Diedesfeld, Lehm;* Schlittweg 1 (Neustadt/W, sandiger Lehm, Unterlage SO4, Gm 342 auf Börner)

Einzelnachweise

  1. Statistisches Landesamt Bad Ems, 2014
  2. Institut für Rebenzüchtung Campus Geisenheim und http://www.traubenshow.de/index.php/riesling-weisser
  3. www.yumpu.com/fr/document/view/38303361/les-clones-de-riesling-b-les-vins-dalsace
  4. www.yumpu.com/fr/document/view/38303361/les-clones-de-riesling-b-les-vins-dalsace
  5. http://www.historische-rebsorten.de/site/assets/files/1049/weisser_riesling.pdf

Literatur

  • Götz, G. (2016):Rieslingklone. Abteilung Weinbau & Oenologie (Gruppe Weinbau), Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße.
  • Götz, G. (2016):Rieslingklone – eine neue Vielfalt. Das Deutsche Weinmagazin 6: 31-36