Resistente Rebsorten

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Die Suche nach widerstandsfähigen, bzw. resistenten Rebsorten ist sicher so alt wie der Weinbau, denn große Empfindlichkeit gegen Witterungsunbilden und Rebenfeinde begrenzen den Anbauwert einer Sorte. Nur andere große Vorteile lassen wenig widerstandsfähige Sorten im Anbau. So haben die Nachfahren der eurasischen Wildreben Vitis vinifera subsp. sylvestris, die Kulturrebe Vitis vinifera subsp. vinifera, in dem Jahrtausende langen Anbau eine gewisse Feldresistenz gegen einheimische Rebenfeinde entwickelt, bzw. überempfindliche Formen starben aus oder wurden nicht weiter vermehrt. Diese Situation änderte sich mit der Einschleppung der Pilzkrankheiten Oidium und Peronospora aus Nordamerika im letzten Jahrhundert.

Umgang mit Oidium, Peronospora und Reblaus

Nur durch sorgfältigen Pflanzenschutz mit Fungiziden können seit der Einschleppung von Oidium und Peronospora die traditionellen Sorten im Ertrag und am Leben gehalten werden. Trotzdem schien mit der Einschleppung der Reblaus um 1860 - 1880 das Ende des Weinbaus mit den alten Sorten gekommen, denn hier halfen keine Pflanzenschutzmaßnahmen. Erst durch den Rückgriff auf widerstandsfähige amerikanische Wild- und Kulturreben als Unterlage war mit dem biologischen Trick der Pfropfrebe weiterer Weinbau in Europa möglich, sogar mit den alten Weinqualitäten. Die Reben in Amerika besitzen aber darüber hinaus durch den langen evolutionären Ausleseprozess Resistenzeigenschaften gegen Peronospora, Oidium und Schwarzfäule, nördlich verbreitete Formen auch gegen Winterfrost, die ebenfalls genutzt werden könnten. Den direkten Anbau der meisten Sorten verbieten aber die exotischen Geschmacksrichtungen der Trauben, die nach Erdbeeren, Stachelbeeren, Schwarzen Johannisbeeren oder unangenehm (Foxgeschmack) schmecken. Um überhaupt Trauben erzeugen zu können, wurden nach 1880 in Amerika ausgelesene Sorten wie 'Noah', 'Clinton', 'Othello', 'Herbemont' oder 'Isabella' nach Europa eingeführt. Die ungewohnt fruchtig schmeckenden Weine und ihre unzureichende Qualität sind eine der Ursachen der bis heute EG-rechtlich bestehenden Vorurteile gegenüber nicht absolut reinen Vinifera-Sorten.

Züchtungen

Um die Jahrhundertwende begannen französische Rebenzüchter die Resistenzeigenschaften in die europäischen Sorten einzukreuzen. Als ursprünglicher Resistenzpartner wurden vielfach Kreuzungen mit der Sommerrebe (Vitis aestivalis) durchgeführt. Den Ursprung der modernen Resistenzzüchtung legten Hermann Jäger (ein schweizstämmiger US-Amerikaner) u. a. mit der Sorte Jäger 70 und der Franzose Albert Seibel (züchtete die Seibel-Reben, die heute noch als Resistenzpartner Verwedung finden). Aber das amerikanische Erbteil war auch hier noch deutlich sichtbar und schmeckbar (Kreuzungen von Baco, Couderc, Landot, Oberlin, Ravat, Seyve-Villard). Mit der Ausbreitung der Reblaus bemühte sich die Reichsrebenzüchtung auch um die Resistenzzüchtung. Auch hier waren die Ergebnisse noch unbefriedigend.

  • Dr. Decker Rebe (Gf FS4-195-39): (Sol. × Riesl. 157G) × Riesling
  • Siegfriedrebe (Gf FS4-201-39): Oberlin 595 × Riesling
  • Aris (Gf Sbl-219-58): Oberlin 716 × Riesling
  • Castor (Gf B-7-2): Oberlin 595 (Vi 5861) × Fosters White Seedling
  • Pollux (GfB-6-18): Oberlin 595 × Fosters White Seedling

Inzwischen liegen von den Resistenzzüchtern neue Kreuzungen mit geringem Amerikaneranteil vor, die mehrfach rückgekreuzt wurden und geschmacklich nicht mehr vom „Europäer-Geschmacksbild" abweichen, sich gegenüber der Blattreblaus wie Europäerreben verhalten und robust gegen Peronospora, Oidium, Botrytis und starken Winterfrost sind. Für Rheinland-Pfalz sind für die Qualitätsweinbereitung die nachfolgenden Sorten als erstes klassifiziert worden. Diese wurden zunächst als interspezifische Sorten bezeichnet, um die Kreuzung aus zwei deutlich verschiedenen Rebuntergattungen (Europäerreben x Amerikanerrebe oder abgekürzt als E x A) zu erkennen. Diese Ausdruck ist heute ebenso wie die Bezeichnung Hybridrebe überholt und kaum mehr gebräuchlich.

  • Phoenix (Gf. Ga 49-22): Bacchus × Seyve Villard 12-375
  • Regent (Gf. 67-198-3): Diana (Silvaner × Müller-Thurgau) × Cambourcin
  • Orion (Gf. Ga 58-30): Optima × Villard Blanc (Seyve Villard 12-375)
  • Sirius (Gf. Ga 51-27): Bacchus × Villard Blanc (Seyve Villard 12-375)
  • Staufer (Gf. Ga 54-14): Bacchus × Villard Blanc (Seyve Villard 12-375)

Bekanntheitsgrad hat hierbei nur die Rotweinsorte Regent erhalten. Die anderen weißen Sorten konnten sich bis heute nicht etablieren. Phoenix wird wegen ihrer fruchtigen Trauben gerne als robuste Hausrebe gepflanzt und liefert guten Traubensaft, nur wenige Weinberge sind damit bestockt.

Neue Sorten

Sorten, die erst nach 2000 zugelassen wurden werden allgemein als "Neue Sorten" bezeichnet. Die Rebenzüchtung von Keltertraubensorten hat sich mittlerweile ausschließlich auf pilzfeste Reben spezialisiert, die Kreuzung reiner Europäersorten wurde wegen der schlechteren Nachhaltigkeit nicht weiter verfolgt. Folgende Sorten sind bereits zugelassen oder stehen davor

Quelle

  • Adams, Jakob, Schumann (1997): Weinkompendium. Verein der Absolventen der Staatlichen Lehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau. Neustadt an der Weinstraße. 
  • Ambrosi, Dettweiler, Rühl, Schmid, Schumann (1994): Farbatlas Rebsorten. 300 Sorten und ihre Weine.. Ulmer. Stuttgart. ISBN 3-8001- 5718-7
  • Clarke, Oz (1992): Weine aus aller Welt. Müller-Rüschlikon-Verlag. Stuttgart. ISBN 3-275-01040-9
  • Hillebrand, Lott, Pfaff (1997): Taschenbuch der Rebsorten. Fachverlag Dr. Fraund. Mainz. ISBN 3-921156-27-0
  • Hillebrand, Lott, Pfaff (1989): Traube und Wein Deutschlands Rebsorten und Weine. Fachverlag Dr. Fraund. Mainz. ISBN 3-921156-04-1
  • Johnson, Hugh (1995): Atlas der deutschen Weine. Hallwag. Stuttgart. ISBN 3-444-10445-6
  • Robinson, Jancis (1987): Reben - Trauben - Weine. Ein Führer durch die Rebsorten der Welt.. Hallwag. Stuttgart. ISBN 3-444-10333-6