Lange Rebzeilen – Vorteile und Nachteile

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In der vormaschinellen Zeit spielten Form und Größe der Weingärten bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung keine große Rolle. Heute sollte man sich darüber mehr Gedanken machen, denn: Der Zuschnitt des Grundstücks wirkt sich erheblich auf arbeitswirtschaftliche Kriterien aus.

Vorteile langer Rebzeilen

Arbeitszeit und Wendezeit in Abhängigkeit von der Zeilenlänge

Mit der Mechanisierung gewannen Aspekte wie geländebedingte Arbeitserschwernisse, die Erschließung mit Wegen sowie die Hofentfernung bei der Beurteilung der Wertigkeit der Wirtschaftsflächen an Gewicht. Eine günstige Grundstücksform zahlt sich aus. Unterstellt man 20 bis 25 Maschinenarbeitsgänge pro Jahr, 50 €/Std. für Traktor und Fahrer, 2 m Zeilenbreite und 150 m Zeilenlänge, so ergeben sich gegenüber 75 m Zeilen über 25 Jahre Anlagennutzung erhebliche Einsparpotentiale (siehe Tabelle). Diese sind begründet durch den Entfall von Wendevorgängen und der Optimierung der Arbeitsgeschwindigkeit in der Zeile (siehe Grafik). Schon eine Steigerung der Fahrgeschwindigkeit von 5 auf 6 km/Std. mindert die reine Fahrzeit um 17%. Weiteres Einsparpotential bietet die Optimierung des Vorgewendes. Um mit Mehrfachanbaugeräten und Nachläufern zügig wenden zu können, sind 8 m Vorgewende wünschenswert. Muss ein solches Vorgewende vollständig auf dem eigenem Grundstück geschaffen werden, dann benötigt man dafür ca. 2.100 qm bei einer Fläche von 1 ha und 75 m Grundstückslänge, bei 200 m Grundstückslänge nur ca. 800 qm. Ausreichend breite Wendewege zahlen sich hier aus. Weniger anstrengende Wendevorgänge und entspannteres Arbeiten in den Zeilen schonen den Fahrer und dessen Gesundheit. Längere Zeilen mindern außerdem die Kosten von Neuanlagen, da vor allem weniger Verankerungen gebraucht werden. Dass diese Einsparungen mit 4 bis 6 % nur moderat ausfallen, liegt am Bedarf höherwertiger Unterstützungsmaterialien, der in der Kalkulation bei Vollmechanisierung für längere Zeilen unterstellt wird. Dort, wo es die Topographie zulässt, bieten daher Zeilenlängen von 150 bis 250 m gegenüber kürzeren Zeilen deutliche Vorteile. Für Traubenvollernter mit 2.600 L-Tank stellen 250 m lange Zeilen noch kein Problem dar, denn sie können auch bei Erträgen von 25.640 kg/ha (Grundweinniveau) bis zur Behälterentleerung mindestens 1 mal hin- und zurückfahren.

Einsparpotential pro ha bei 150m anstelle 75m Zeilen und 50 €/Std. für Traktor und Fahrer
Std./ha Jahr €/ha Jahr €/ha 25 Jahre
Entfall Wendevorgänge 2 100 2.500
Optimierung Wendezeit 1,7 85 2.125
Optimierung Arbeitsgeschwindigkeit1 2,2 110 2.750
Einsparung Neuanlagekosten 2.175
Summe 9.550
1 kalkuliert mit -17% Fahrzeit in der Zeile

Zeilenlänge ist nicht alles

Bodenbearbeitung mit Fischgrätenwalze zur Vermeidung von durchgängigen Längsrillen

Zu bedenken ist, dass sehr schmale lange Flächen gegenüber breiteren Flächen wenig Flexibilität für zukünftige Entwicklungen bei den Erziehungssystemen wie auch in der Bewirtschaftungstechnik bieten. Eine Umorientierung, z.B. hin zur Minimalschnitterziehung mit 3 – 3,2 m Gassenbreite, erfordert für 6 Zeilen schon eine Grundstücksbreite von 18 m. Die aus betriebswirtschaftlicher Sicht begründbare Aussage „je länger die Zeilen desto besser“ hat aus weinbaulicher Sicht dort ihre Grenzen, wo wechselnde Böden oder Klimabedingungen unterschiedliche Anforderungen an die Sortenwahl, die Weinbergspflege, die Düngung und den Pflanzenschutz stellen. Wuchsunterschiede in der Zeile erschweren Terminierung und Durchführung der Weinbergsarbeiten und sind bei nicht homogenem Erntegut qualitativ von Nachteil. Besonders problematisch ist das Erosionsrisiko, welches mit der Zeilenlänge wächst. Auf Standorten, wo eine Begrünung aufgrund der Wasserkonkurrenz nicht in Frage kommt, machen erosionsvermeidende Maßnahmen viel Aufwand. Hier sollten unbedingt Bodenbearbeitungsgeräte eingesetzt werden, die Längsrillen vermeiden (siehe Foto).

Fazit

Wirtschaftseinheiten mit mindestens 150 bis 250 m Zeilenlänge und einer Breite von mindestens 20 m sind ideal. Die Reduzierung und Vergrößerung der bewirtschafteten Einheiten ist aufgrund der Wirtschaftlichkeit und den größeren Gestaltungsmöglichkeiten betriebswirtschaftlich erstrebenswert. Nur die Flächen, die rentabel bewirtschaftet werden können, behalten ihren Wert.

Einzelnachweise


Literaturverzeichnis

  • Kranich, H. (2014): Lange Rebzeilen – mehr Vor- oder Nachteile? Der Deutsche Weinbau 22, S. 42